Familiensachen

1. Familienrecht

Viele Menschen haben im Zusammenhang mit dem „Familienrecht“ das erste Mal in ihrem Leben etwas mit rechtlicher Vertretung oder dem Gericht zu tun. Die Gesetzeslage ist unübersichtlich und im Internet/ in Foren finden sich zahlreiche, zum Teil verwirrende Informationen zu den einzelnen Themen. Der in einschlägig bekannten Fernsehshows gezeigte Ablauf familiengerichtlicher Verfahren trägt zusätzlich dazu bei, einen verzerrten Eindruck von dem, was sich tatsächlich vor Gericht abspielen wird, zu erhalten.

Hinzu kommt im Familienrecht meist eine hohe emotionale Betroffenheit sämtlicher Beteiligter. Die Ratlosigkeit und empfundene Hilflosigkeit ist daher oft groß. Im Folgenden soll versucht werden, einen Überblick zu geben.

Wenn Sie sich entschließen, genau Ihren Fall in einem persönlichen Beratungsgespräch „durchleuchten“ zu lassen, scheuen Sie sich nicht, schnellstmöglich einen Termin zu vereinbaren.

Was gehört zum Familienrecht?

Was zum Familienrecht gehört, ist in § 111 FamFG geregelt. Alle Familiensachen gehören zur Zuständigkeit der Familiengerichte. Zum Familienrecht gehören also Ehesachen und Lebenspartnerschaftssachen, Kindschaftssachen, Abstammungssachen, Adoptionssachen, Ehewohnungs- und Haushaltssachen, Gewaltschutzsachen, Versorgungsausgleichsachen, Unterhaltssachen, Güterrechtssachen und sonstige Familiensachen. Sonstige Familiensachen sind z.B. Auseinandersetzungen, die die Mitwirkungspflichten an der gemeinsamen Einkommenssteuererklärung, den Gesamtschuldnerausgleich bei gemeinsam aufgenommenen Darlehen oder die Auseinandersetzung einer BGB-Innengesellschaft betreffen.

Das Familienrecht unterliegt einer eigenen Verfahrensordnung, die im FamFG, dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, geregelt ist.

Ein häufiger Streitpunkt im Familienrecht sind Fragen zum Sorge- und Umgangsrecht. In diesen Verfahren gilt vor Gericht der so genannte Amtsermittlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass das Gericht in diesen Verfahren von sich aus den Sachverhalt ermittelt, indem z.B. das Jugendamt zur Mitwirkung und Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert wird. Das Gericht kann auch sachverständigen Rat oder ein Gutachten z.B. über die Erziehungsfähigkeit eines Elternteils einholen.

Der Amtsermittlungsgrundsatz gilt auch in den Versorgungsausgleichssachen, bei der Wohnungszuweisung und der Hausratsteilung sowie bei Gewaltschutzverfahren.

Die übrigen Verfahren werden „Familienstreitsachen“ genannt. Hierzu zählen alle Unterhaltsverfahren und Zugewinnausgleichsverfahren.

In diesen Verfahren gilt also nicht der Amtsermittlungsgrundsatz, sondern die Beteiligten sind selbst voll und ganz dafür verantwortlich, dem Gericht den Sachverhalt darzustellen. Nicht vorgetragene Tatsachen werden nicht berücksichtigt. Streitig vorgetragene Tatsachen müssen bewiesen werden, z.B. durch eine Zeugin oder einen Zeugen.

1.1 Ehesachen und Lebenspartnerschaftssachen

Zu den Ehesachen gehört das klassische Scheidungsverfahren. Hierzu gehören auch die eher seltenen Verfahren auf Aufhebung einer Ehe oder auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe.

Näheres hierzu finden Sie unter 2. Eherecht.

Lebenspartnerschaftssachen sind alle Angelegenheiten, die Menschen gleichen Geschlechts betreffen, die vor dem  1.10.2017 eine Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft begründet haben. Alle Verfahren in Lebenspartnerschaftssachen gehören zum Familienrecht. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz gleicht die eingetragene Lebenspartnerschaft einer Ehe in nahezu allen Bereichen.

Näheres hierzu finden Sie unter 5. Lebenspartnerschaft

1.2. Kindschaftssachen

Zu den Kindschaftssachen gehören Verfahren, die die elterliche Sorge, das Umgangsrecht, die Kindesherausgabe, die Vormundschaft, die Pflegschaft für einen Minderjährigen, die Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen und die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz betreffend. Kindschaftssachen umfassen damit sämtliche Verfahren, die die Verantwortung für minderjährige Kinder betreffen. In Kindschaftssachen gilt das Beschleunigungsgebot nach § 155 Abs. 1 FamFG. Dieses gilt in allen Instanzen und in jeder Lage des Verfahrens. Das Beschleunigungsgebot hat zur Folge, dass Kindschaftssachen nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden, der Termin bei Gericht innerhalb eines Monats nach Eingang des Verfahrens festgelegt werden soll, die Beteiligten persönlich erscheinen müssen und Anträge auf Terminverlegungen nur unter besonderen Bedingungen berücksichtigt werden.

1.3. Abstammungssachen

Zum Familienrecht gehören ferner Abstammungssachen, also z.B. Vaterschaftsanfechtungsanträge oder Vaterschaftsfeststellungsanträge.

1.4. Adoptionssachen

Außerdem gehören Adoptionssachen zum Familienrecht, also alle Verfahren, die die Annahme als Kind betreffen.

1.5. Ehewohnungs- und Haushaltssachen

Auch die Wohnungszuweisungs- und Hausratssachen gehören zum Familienrecht. Wohnungszuweisungsverfahren sind Verfahren nach § 1361 b BGB. Mit Hilfe dieser Anträge kann die eheliche Wohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden, um eine unbillige Härte zu vermeiden.

Hausratsachen sind Verfahren, die die Teilung des gemeinsamen Hausrates betreffen.

1.6. Gewaltschutzsachen

Zu den Gewaltschutzsachen gehören alle Verfahren nach den §§ 1 und 2 des GewSchG. Der Sinn des Gewaltschutzgesetzes ist der Schutz einer Person vor häuslicher Gewalt und Drohungen mit Gewalt. Mit diesem Gesetz können Näherungsverbote, aber auch die Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung im Familienrecht durchgesetzt werden.

1.7. Versorgungsausgleichssachen

Die Versorgungsausgleichssachen sind ebenfalls Bestandteil des Familienrechts. Im Rahmen des Versorgungsausgleiches werden die beiderseitigen Rentenanwartschaften, die während der Ehe erworben wurden, hälftig ausgeglichen. Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet der Versorgungsausgleich nur auf Antrag statt. Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich können im Übrigen notariell abgeschlossen werden. Eine Vereinbarung kann auch dann vor Gericht getroffen werden, wenn beide Eheleute anwaltlich vertreten sind. Der Versorgungsausgleich findet auch bei der Auflösung von Lebenspartnerschaften statt.

1.8. Unterhaltssachen

Zu den Unterhaltssachen gehören alle Verfahren, die die durch Verwandtschaft oder Ehe begründeten Unterhaltspflichten betreffen. Hierzu gehören auch die Unterhaltsansprüche eines nicht verheirateten Elternteils aufgrund der Betreuung eines gemeinsamen Kindes.

Näheres hierzu finden Sie unter 4. Unterhalt.

1.9. Güterrechtssachen

Güterrechtssachen umfassen alle Verfahren, die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betreffen. Familiensache ist so z.B. der Anspruch auf Zugewinnausgleich und die dazu gehörigen Auskunftsansprüche. Hierzu gehören z.B. die Auskunftsansprüche in Bezug auf das Anfangsvermögen und das Endvermögen am Tag der Zustellung der Scheidungsantragsschrift.

Zu den Familiensachen gehören ferner alle Ansprüche, die sich aus vertraglichen Vereinbarungen ergeben, die die Eheleute in Bezug auf den Güterstand getroffen haben.

1.10. Sonstige Familiensachen

Zu den sonstigen Familiensachen gehören alle Verfahren, die einen nahen Bezug zum Familienrecht aufweisen. Hierzu gehören z.B. Zustimmungsanträge zum begrenzten Realsplitting, streitige Verfahren über die Verteilung von Steuerguthaben oder Auseinandersetzunganträge in Bezug auf eine Miteigentumsgemeinschaft.